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Andrii Yalanskyi / dpa Picture Alliance / picturedesk.com
Von Irene Monasterolo
Investoren unterschätzen Klimakosten
Viele Investoren unterschätzen die physischen Risiken des Klimawandels. Ein internationales Forscherteam hat nun eine Methode entwickelt, um die Assets besser hinsichtlich der tatsächlichen Risiken bewerten zu können.
September 2024
ist eine international führende Wirtschaftswissenschaftlerin, die sich auf Klimafinanzierung, nachhaltige Finanzmärkte und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft spezialisiert hat. Sie ist Professorin für Klimafinanzierung und Klimaökonomik an der EDHEC Business School in Frankreich und leitet dort die Forschungsabteilung zu diesen Themen. Monasterolo hat umfangreich an der Entwicklung von Modellen zur Bewertung klimabezogener finanzieller Risiken und deren Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft gearbeitet.

Mit dem Fortschreiten des Klimawandels wird es immer wichtiger, Klimarisiken korrekt einzuschätzen. Auch bei der Bewertung von Unternehmen spielen Klimarisiken eine entscheidende Rolle: Investoren müssen schließlich wissen, ob Unternehmen für die Zukunft auf höhere Temperaturen und häufigere Extremwetterereignisse vorbereitet sind.

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Prozent werden die die Verluste für Anleger und Anlegerinnen unterschätzt werden, wenn die Analyse auf Ebene der Betriebsstandorte unterbleibt – und sogar um bis zu 82 Prozent, wenn akute Extremereignisse nicht einberechnet werden.

In einem kürzlich veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Assetlevel Assessment of Climate Physical Risk Matters for Adaptation Finance“ stellte ich gemeinsam mit Giacomo Bressan, Anja Duranovic und Stefano Battiston eine neue Methodik zur detaillierten Bewertung physischer Klimarisiken vor und betonte deren Bedeutung für ein effektives Risikomanagement und gezielte Anpassungsinvestitionen.

Die Finanzwelt unterschätzt Klimarisiken massiv

Was waren die Mängel? Bisher basieren die Einschätzungen physischer Klimarisiken oft auf Proxydaten, die lediglich den Standort des Unternehmens berücksichtigen, anstatt spezifische Daten auf der Ebene einzelner Vermögenswerte, wie beispielsweise Produktionsstätten, zu verwenden. Frühere Studien zur Beurteilung der Klimarisiken für Unternehmensaktivitäten konzentrierten sich darum häufig auf den Firmensitz, der geografisch oft weit von den tatsächlichen Produktionsstandorten entfernt ist. Diese Methode kann zu erheblichen Fehleinschätzungen führen. Zudem erschwert die mangelnde Transparenz und Nachvollziehbarkeit kommerzieller Methoden zur Bewertung physischer Klimarisiken die genaue Einschätzung von Verlusten und den Bedarf an Anpassungsfinanzierung. Unsere Studie zeigt, dass die Verluste für Anleger um bis zu 70 Prozent unterschätzt werden, wenn die Analyse auf Ebene der Betriebsstandorte unterbleibt – und sogar um bis zu 82 Prozent, wenn akute Extremereignisse nicht einberechnet werden.

Neue Methode

Um diese Lücken zu schließen, haben wir eine Methodologie entwickelt, die eine robuste Bewertung von Klimarisiken auf Asset-Ebene ermöglicht. Diese berücksichtigt sowohl akute klimatische Ereignisse wie Überschwemmungen und Hurrikane als auch die schleichenden Risiken des Klimawandels und deren Auswirkungen auf den finanziellen Wert von Unternehmen. Mit unserer Methode können wir die akuten und langfristigen Risiken in verschiedenen Szenarien in „Schocks“ auf produktive Assets übersetzen. Diese Schocks werden dann bei der Anpassung des Aktienwerts der Firma und dem Value-at-Risk für Investoren miteinberechnet.

Präzisere Bewertung physischer Klimarisiken

Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung für klimaangepasstes Handeln und politische Entscheidungen. Die systematische Unterschätzung von Verlusten durch klimabedingte Schäden kann zu fehlerhaften politischen Maßnahmen und Investitionsentscheidungen führen. Dies ist besonders relevant für die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, die nach wie vor überwiegend unzureichend gedeckt sind – sowohl durch private als auch öffentliche Mittel. Finanzierungen zur Anpassung an den Klimawandel sind nach wie vor nicht ausreichend kapitalgedeckt, we-der durch private Investitionen noch durch staatliche Gelder.

Irene Monasterolo ist eine führende Wirtschaftswissenschaftlerin beim Thema Klimafinanzierung, nachhaltige Finanzmärkte und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft spezialisiert hat. Sie ist Professorin für Klimafinanzierung und Klimaökonomik an der EDHEC Business School in Frankreich und leitet dort die Forschungsabteilung zu diesen Themen. Zurzeit forscht sie mit einer Gastprofessur an der WU Wien.

Über den Autor

Die Börsianer Grün Redaktion

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